Honorarärzte-Genossenschaft stellt Geschäftsbetrieb vorerst ein
Die Honorarärzte-Genossenschaft Locumcert eG hat mitgeteilt, vor dem Hintergrund der aktuellen Entscheidung des Bundessozialgerichtes zur Sozialversicherungspflicht “den Geschäftsbetrieb mit sofortiger Wirkung bis auf Weiteres einzustellen”.
Der Geschäftsbetrieb könne in der jetzigen Form nicht weiter aufrechterhalten werden, ohne daß sich aus der nunmehr vorliegenden höchstrichterlichen Entscheidung über die im Regelfall abhängige Beschäftigung von Honorarärzten an Krankenhäusern unkalkulierbare Haftungs- oder Regressrisiken für die Genossenschaft ergeben, heißt es in einer Pressemitteilung.
Da Genossenschaft fördert satzungsgemäß und nach den Regelungen des Genossenschaftsgesetzes die Tätigkeit ihrer Mitglieder, wobei diese als Mitunternehmer Selbständige bleiben müssen.
Am 04.06.2019 hatte der 12. Senat des Bundessozialgerichtes in Kassel in einem Grundsatzurteil entschieden, daß im Regelfall die Tätigkeit von Honorarärzten in Krankenhäusern eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nach § 7 Abs. (1) SGB IV ist.
In der Pressemitteilung heißt es weiter: “Die Verantwortlichen an Krankenhäusern könnten sich darüber hinaus mit strafrechtlich relevanten Vorwürfen nach Paragr. 266a StGB oder Paragr. 370 AO konfrontiert sehen, wenn sie weiterhin Honorarärzte einsetzen, auch wenn diese Genossenschaftsmitglieder sind, weil es in Anbetracht der nunmehr eindeutigen Positionierung des BSG mehr als fraglich erscheint, daß allein die Genossenschaftsmitgliedschaft als Unterscheidungskriterium die im Urteil entwickelten übrigen Maßstäbe ausser Kraft zu setzen vermag.
Stellvertretend für die anhängigen Rechtsfragen zur Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung von Honorarärzten wurde ausführlich als Leitfall (B 12 R 11/18 R) die Beschäftigung einer Anästhesistin auf Honorarbasis in einem Klinikverbund als Revisionsbeschwerde verhandelt.
Diese Revisionsbeschwerde wurde vollumfänglich und in einer so nicht erwarteten Eindeutigkeit vom BSG abgelehnt. Die mündliche Urteilsbegründung läßt keinerlei Interpretationsspielraum zu, daß das BSG alle vorgetragenen Revisionsbegründungen für nicht stichhaltig hält.
Insbesondere die “funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess bei Diensten höherer Art” als eine bereits 1962 entwickelte Definition des Bundessozialgerichtes für eine Tätigkeit nach Weisung, die auch und besonders die ärztliche Tätigkeit prägt, spricht neben der unvermeidlichen Eingliederung in den Betrieb des Krankenhauses für eine abhängige Beschäftigung nach § 7 Abs. (1) SGB IV.
Das Gericht formuliert ausserdem unmissverständlich, daß “strukturelle Probleme dort zu lösen sind, wo sie entstehen”, aber nicht rechtfertigen, daß sozialversicherungsrechtliche Schutzvorschriften ausser Kraft gesetzt werden dürfen, um durch die so angebotenen besseren Verdienstmöglichkeiten oder Arbeitsbedingungen Personalrekrutierungsproblem mit selbständigen Ärzten zu lösen.”
Die anstehende Generalversammlung der Genossenschaft in Hamburg am 14.06.2019 werde zur Diskussion der Zukunft des Genossenschaftsmodells Gelegenheit bieten.
Foto: Olaf Kosinsky / Wikipedia / CC BY-SA 3.0-de