Bundessozialgericht: Honorarärzte im Krankenhaus sozialversicherungspflichtig

Ärzte, die als Honorarärzte in einem Krankenhaus tätig sind, sind in dieser Tätigkeit regelmäßig nicht als Selbstständige anzusehen, sondern unterliegen als Beschäftigte des Krankenhauses der Sozialversicherungspflicht. Dies hat der 12. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) heute entschieden (Aktenzeichen B 12 R 11/18 R als Leitfall).
Bei einer Tätigkeit als Arzt sei eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nicht von vornherein wegen der besonderen Qualität der ärztlichen Heilkunde als Dienst “höherer Art” ausgeschlossen, teilt das BSG in einer Pressemitteilung mit.
Entscheidend sei, ob die Betroffenen weisungsgebunden beziehungsweise in eine Arbeitsorganisation eingegliedert sind. “Letzteres ist bei Ärzten in einem Krankenhaus regelmäßig gegeben, weil dort ein hoher Grad der Organisation herrscht, auf die die Betroffenen keinen eigenen, unternehmerischen Einfluss haben. So sind Anästhesisten – wie die Ärztin im Leitfall – bei einer Operation in der Regel Teil eines Teams, das arbeitsteilig unter der Leitung eines Verantwortlichen zusammenarbeiten muss.”
Auch die Tätigkeit als Stationsarzt setze regelmäßig voraus, dass sich die Betroffenen in die vorgegebenen Strukturen und Abläufe einfügen. Im Leitfall war die Ärztin wiederholt im Tag- und Bereitschaftsdienst und überwiegend im OP tätig.
Hinzu komme, dass Honorarärzte ganz überwiegend personelle und sachliche Ressourcen des Krankenhauses bei
ihrer Tätigkeit nutzen. So war die Ärztin hier nicht anders als beim Krankenhaus angestellte Ärzte vollständig eingegliedert in den Betriebsablauf. Unternehmerische Entscheidungsspielräume sind bei einer Tätigkeit als Honorararzt im Krankenhaus regelmäßig nicht gegeben.
Die Honorarhöhe sei nur eines von vielen in der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Indizien und vorliegend nicht ausschlaggebend.
Ein etwaiger Fachkräftemangel im Gesundheitswesen, so die Mitteilung weiter, habe keinen Einfluss auf die rechtliche Beurteilung des Vorliegens von Versicherungspflicht. Sozialrechtliche Regelungen zur Versicherungs- und Beitragspflicht können nicht außer Kraft gesetzt werden, um eine Steigerung der Attraktivität des Berufs durch eine von Sozialversicherungsbeiträgen “entlastete” und deshalb höhere Entlohnung zu ermöglichen.
Der Bundesverband der Honorarärzte, der das Zustandekommen des Gerichtsentscheids forciert hatte, reagierte in einer ersten Stellungnahme. Man müsse die Begründung erst einmal komplett erhalten und studieren, so Verbandschef Dr. Nicolai Schäfer.
“Wundern Sie sich nicht, wenn Sie demnächst Probleme mit Ihren Auftraggebern bekommen”, heißt es in einem Rundschreiben an die Mitglieder. Zu betonen sei, dass das Genossenschaftsmodell hier nicht verhandelt worden sei. “Ein Mustervertrag für eventuell mögliche Kurzzeitanstellungen ist in Vorbereitung, braucht aber noch etwas Zeit.”
Foto: Wikipedia / Partynia / Eingang zum Bundessozialgericht in Kassel